All is quiet / Heute geht die Bombe hoch.

Himmel am Sonntag über der Küche © Kai von Kröcher, 2017

We've got to get in to get out © Kai von Kröcher, 2017

A New Career in a New Town © Kai von Kröcher, 2017

"They wait for me in the hallway!" © Kai von Kröcher, 2017


































































It's a monday, it's so mundane / What exciting things will happen today. +++ Machen wir's heute mal nicht so spannend. Ein aufmerksamer Leser gestern im Club fragte nach den angekündigten Bomben. "Okay", sagte ich. Um nicht um den heißen Brei herumzureden. Und neulich zur Supernova: "Ich möchte nicht als Wirt sterben." +++ 'Mundane', hätte ich jetzt geglaubt, dürfte am Ende übersetzt dann wohl 'mondän' heißen. +++ Heißt aber 'banal'. +++ Doch erstmal der Reihe nach: An einem Sonntag vor noch gar nicht so sehr vielen Wochen. Der Zeiger der Kirchturmuhr rutschte herausfordernd auf neun Minuten vor sieben. Und es geschah, was ich so noch nie erlebt hatte. +++ Witzigerweise saß neulich der Esel Ehnes formally known as Boernd Nützl an meinem Tresen. Der mich fragte, wie man es eigentlich aushalten kann, beinahe schon dreizehn Jahre lang eine Spelunke zu führen. Und im Innersten musste ich schmunzeln. Aber der Reihe nach, denn, wie gesagt, ein paar Wochen zuvor, da waren wir doch eben gerade irgendwo stehengeblieben. +++ Lasst euch von meinem umständlichen Style heute nicht in die Irre führen – der Post hier hat's in sich! +++ Es war also ungefähr neun Minuten vor Toresöffnung im Club. Komisches Wort, aber lasst euch nicht ablenken! +++ Eine Art Panikattacke nahm mich mit Haut und Haaren in ihren Besitz, um es ein wenig zu dramatisieren. Ich ging in die Knie und ich flehte zu Gott. Das ist jetzt dick aufgetragen, doch in einer Art Stoßgebet sagte ich etwas wie: "Ich kann nicht mehr." Und fünf Minuten später, die Tür war noch immer geschlossen. Fünf Minuten später war die Entscheidung getroffen. Dann machte ich die Tür auf, der Countdown war da bereits schon unaufhaltsam am Runterzählen. +++ Keine Sorge: Ich weiß, welche Verantwortung ich meiner Umgebung gegenüber habe. Und so geht der Club am 1. Oktober, das ist dann am Sonntag heute genau in drei Wochen. So geht der Club dann also in liebevolle Hände. +++ In jenem Moment damals, da, neun Minuten vor sieben – ach, wie soll man das ausdrücken: Mein Bauch hat mir einfach gesagt, es ist Zeit, ein neues Kapitel im Leben aufzuschlagen. Solange noch Zeit dafür ist. Mit sechzig muss ich damit dann auch nicht mehr anfangen, dann ist es wahrscheinlich zu spät. +++ Die Bilder heute, das ist ganz oben der Himmel heute am Mittag über dem Küchenfenster. Der Rest Impressionen aus dem Grand Hotel Urban. +++ Ich möchte mich noch einmal, so blöd das jetzt klingt, "auf meine Fotografie konzentrieren". Und endlich auch mal ein bisschen leben. Das geht alles nicht so nebenbei: Denkt mal nicht, die Bierfässer rollen sich jede Woche von selbst an den Hahn! +++ Die ganzen letzten paar Wochen waren, und das ist jetzt ein Wort, das ich niemals in den Mund nehmen wollte. Die letzten Wochen waren so intensiv, dass ich mir sogar vorstellen kann, dass mich das, aber das ist vielleicht übertrieben. Dass mich das jedenfalls möglicherweise am Ende ins Urban by the Sea gebracht hat. +++ Ich weiß auch nicht so recht, was für einen Kram ich hier gerade schreibe. +++ Auf jeden Fall möchte ich kurz hier noch sagen: In den Jahren im Club habe ich wahnsinnig viele wahnsinnig dufte Menschen kennengelernt, die ich auf keinen Fall missen möchte. Aber die lösen sich ja nicht so einfach in Luft auf, nur weil ich himself hier nicht mehr der Patron bin. Als Gast bleib ich dem Club ganz sicher erhalten. +++ Und was war jetzt die zweite angekündigte Bombe, die hochgehen soll?   

Überschrift inspired by: David Bowie liest Peter and the Wolf © Sergei Prokofiev, 1936*
Überschrift also inspired by: Morgen geht die Bombe hoch © Der Tobi & das Bo, 1996
Bildunterschrift inspired by: The Carpet Crawlers © Genesis, 1974
Bildunterschrift also inspired by: A New Career In A New Town © Davis Bowie, 1977
Bildunterschrift also inspired by: Teenage Wildlife © David Bowie, 1980
Lyrics: Avant Gardener © Courtney Barnett, 2013 
Krankenhaus am Urban | Dieffenbachstraße 1 | Berlin-Kreuzberg
*mit dem Philadelphia Orchestra unter der Leitung von Eugen Ormandy, 1978

2 Kommentare:

Ralph

Mein lieber Kai.

Ich danke dir für die schönen Zeiten in deinem Club. Dreckig, ruhig, wild, nachdenklich, liebevoll, aggressiv, freundlich, inspirierend, traurig, lustig, super Bier! Immer mit astreinem Krönchen. Alles was ein Club braucht. Auch Kais Gay Stübchen-Momente waren wunderbar. Der Stammplatz von Robert... Herrlich! Die nervigen DJs. Dann am Ende deine doofe, unantastbare Playlist. Man durfte sich plötzlich nichts mehr wünschen. Das waren die ersten Vorzeichen. Meine ich alles liebevoll, Kai.

Ob Robert noch weiter Gast sein wird? Da bin ich ja mal gespannt. Um 3 Uhr sich noch um Kopf und Kragen reden. Auf dem einzigen Hocker sitzen, der noch nicht hochgestellt wurde. Dann durch den Hinterausgang rausgefegt werden. Im Keller auf den Getränkekästen abhängen. Nicht mehr reden dürfen, wenn die Band spielt. Über die roten Flaschenbodenlampen quatschen. Leider nicht dabei gewesen sein zu dürfen, als das Flaschenregal eingestürzt ist. Kovacs Auto als Sichtschutz vor dem Schaufenster. Wolffs Blumenladenblumen in der Ecke.

Eine zweite Mauer mauern. Mit dem Zigarettenautomaten nichts verdienen. Unbezahlte Deckel nach Monaten in der Mitte durchknicken. Zwillinge, die wie auf Schienen den Club betreten. Die Kuschelecke, in der wir nie gekuschelt haben. Der Octopus, der keiner mehr sein darf. Der Spionagemuseumskurator auf dem Tresen. Alle auf dem Tresen, nur du nicht. Der einzige gewesen sein zu dürfen, der den Club jemals mit Luftschlangen dekorieren durfte. Zu acht auf dem Klo. Blutflecken im Holzboden. Kinovorführer mit Hausverbot. Frauen, die zusammenbrechen, wenn man sie küßt.

Lieber Kai, auch wenn es den Club weiter geben wird. Er wird niemals mehr so sein wie zu deinen Zeiten. Auch nicht wenn du mal am Tresen sitzen wirst. Der Club warst du. Es war eine Einheit, untrennbar.

Es war wirklich schön und ich werde euch vermissen.
Dein Ralph

Anonym

ich wollte nie... so enden wie Charlie Watts. Glückwunsch zur Entscheidung.
und danke für die schöne Aufnahme neulich.
das klingt jetzt leider etwas overpathetic, aber wenn dem nun eben mal so ist: du hast mit deinem Laden eine Ära meines Lebens mitgeprägt.

ttt
Matula

 
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