Abwrackprämie / To cut a long Story short.

Die Jungs hatten mein Auto abgeschleppt, weil die Versicherung bockig war und mich raus geworfen hatte. Will man in solchem Fall am Wochenende kurz seine Mutter besuchen fahren, sollte man rechtzeitig die 110 wählen, um sich zu seinem Kfz durchzufragen. Und genug Bargeld einstecken, denn sonst sieht man die Mühle schon gar nicht wieder. Und alle Papier wiederfinden. Das Bürgeramt Lichtenberg jedenfalls liegt fernab jeder BVG- oder S-Bahnlinie und ist auf den letzten zwei Kilometern nur zu Fuß zu erreichen. Stellt die sogenannte "Auslösebestätigung" allerdings nur bis 14:00 Uhr aus, aber dafür sind sie dort wenigstens halbwegs freundlich. Man zahlt 138,30 € und macht sich auf den Weg zur nächsten Versicherungsbude: "Am Stasi-Knast vorbeischlängeln und sich dabei immer links halten!" – Okidok. Neben der Kfz-Werkstatt am Stasi-Knast ein großes Schild der 'Nürnberger Versicherung - Sicherheit im Zeichen der Burg'. Es riecht stark nach Vor-'89 – und nach kurzem Herumirren mault ein Hausmeister mich an, die Versicherung gebe es nicht mehr. "Schon lange nicht mehr!" Jugendliche helfen mir schließlich, eine Versicherungsbude zu finden, die sich aber weigert, mich zu versichern. Am Ende leiere ich der Frau eine Kurzzeitversicherung für 75 € in bar und bis Samstag um Mitternacht gültig aus dem Ärmel. Danach noch zwei Mal in die kleine Bürgeramt-Dependance, in der Gott-sei-Dank kaum was los ist und wo ich auch nur zehn Euro Bearbeitungsgebühr hinblättern muss. Dann mit der S-Bahn über Marzahn bis Endstation Ahrensfelde. Das Auto war nach Brandenburg geschleppt worden – "rund zwanzig Kilometer von hier", wie man mich mehrfach schon in Lichtenberg gewarnt hatte. Ein angenehmer Taxifahrer bringt mich für 21 € in die Ortschaft Löhne hinter dem Berliner Ring. Dann nur noch "gleich rechts um die Ecke, wo der Wachhund bellt." Ein kauziger, netter Typ schraubt mir schnell noch die neuen Nummernschilder an und lehnt Trinkgeld ab. Gern hätte ich noch ein Bier mit ihm getrunken. Abends zu Hause sank ich im Sofa zusammen, wie der letzte Gast im Club49 auf Ralph Meilings Zeichnung – und klemmte mir einen Rückenwirbel ein oder sowas in der Art.

Cartoon: Letzter Gast im Club49 © Ralph Meiling, 2010

6 Kommentare:

Versicherungsvertreter

Mann, mann, mann... das schreit ja danach, von R.M. verfilmt zu werden.

Kautziger Netter Typ

... Filme sind immer jut, wenn se jut jemacht sind.

Die-mit-ohne-Dia-Projektor

Mann, mann, Kai, hast Du eigentlich schon mal daran gedacht, Deine Memoiren zu Papier zu bringen? ... so was wie "Aus dem Leben einer Club-Legende" oder so... ich mime gerne die Biografin - musst nur diktieren, den Feinschliff machen wir gemeinsam... also die Story mit dem Hummer in Marzahn und diese hier gehen allein schon in die Geschichte ein! ;)

Kai

Das freut mich. Aber teils könnte ich auf diese Geschichten auch verzichten. Mal sehen, was heute so passiert. Auf der A2 nach BS - oh, Du bist ja grad eben vor mir hier gewesen. Was'n Zufall...

5v4

Würde gern wissen, wer da dem Ralph als Vorlage gedient hat.

Kai

Blaue Jeans, graues T-Shirt. Das kriegt man raus.

 
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