Herzlichen Glückwunsch / Besser geht's nicht.

Als ich '97 bei der Berliner Zeitung seinerzeit vorstellig wurde, hatte ich zwei Jahre zuvor gerade erst wirklich angefangen, zu fotografieren, und war sozusagen jeden Tag und auch jede Nacht mit der Kamera durch Kreuzberg gerannt. Auf Vermittlung Carmen Bökers, mit der ich gerne im Pinguin Club in Schöneberg abhing, wurde ich der, historisch gesehen, angeblich erste bezahlte Fotopraktikant beim Berliner Verlag. Es gab eine Handvoll Fuji-Nutten, wie Abini und Carmen von der Kultur sie gern nannten, die täglich mit Aufträgen versorgt werden mussten: Paulus Ponizak beispielsweise, der immer die Leica M6 um den Hals hängen und asiatische Wurzeln hatte. Für den alle schwärmten, weil er ganz einfach die besten Bilder machte und nebenbei ziemlich cool war. +++ Dann gab es Wulf Olm, einen schrulligen Vogel, ehemaliger Fotochef, der seit Gründung der DDR hier beschäftigt war. Der mit klugen Ratschlägen nervte und seine Zeit ansonsten am liebsten in Karlshorst bei seinem Pferd und den Trabern verbrachte. Eine wandelnde Anekdote und auf seine Art liebenswert. Längst nicht mehr unter uns. +++ Mit Markus Wächter hatte ich letztlich am meisten zu tun. Ein stiller, ernsthafter Typ, bei dem man nicht wusste, was er so trieb, wenn er nicht gerade zu einem Fototermin unterwegs war. +++ Dann auch noch Schorsch, einen Griechen, der die Eurokrise damals schon kommen sah und glaubte, ich wolle ihm seinen Job streitig machen. Schorsch war ein Mobber der echt üblen Sorte. +++ Und, last but not least, war da Maik. Maik F.*, dessen herausragendste Eigenschaft es war, Jack Nicholson auf erschreckende Weise ähnlich zu sehen, sobald er sich eine Pilotenbrille aufsetzte und die Zähne zum irrsinnigen Grinsen fletschte. Auch Jack ging mir bald auf den Sack: Am 24. April musste Jack zu Fuß bei der nervigen ÖTV-Demo vom Arsch der Welt bis zum Breitscheidplatz mitlaufen und knipsen, was das Zeug hielt. Da ich zur gleichen Zeit gerade am Zoo war, sollte ich spaßeshalber auch kurz auf der Abschlusskundgebung vorbeischauen und ein paar Bilder mitbringen. Ich machte nicht mal den Film voll und brachte es zum Aufmacher der Berlin-Seiten, für den es immer ein nettes Extrahonorar gab. Jack Nicholson, der sich den ganzen Tag ans Bein gebunden hatte für diesen Scheiß, flog übers Kuckucksnest, und ich heimste die Lorbeeren ein. Danach war nicht mehr gut Kirschen essen mit ihm, dem Badenser. +++ Als meine Zeit endlich ablief, empfahl Paulus Ponizak mich bei der BZ, und so landete ich in einer der Fotoredaktionen im Springerhochaus. Aber irgendwann ging ich auch dort nicht mehr hin. +++ Liebe Anke! Herzlichen Glückwunsch heute erstmal nur online: Die Post in der Ritterstraße hat die Spätleerung gestrichen! Ist für mich eh über kurz oder lang die Zukunft, da machen wir uns mal nichts vor: Online! Freue mich auf das neue B&G! +++ P.S.: Ben Hamilton heute live im Kingkongklub, Brunnenstraße 173, 21:00 Uhr. Mitte. +++ Whatever happened to Corey Haim?

Foto: Blick aus der Fotoredaktion, Karl-Liebknecht-Straße 29 © KvK, 1997
Lyrics: Whatever happened to Corey Haim © The Thrills, 2004
* Name geändert (?)

6 Kommentare:

Wolf meint

Schön der Text.
Doll. Ganz doll.

Matthias Heine meint

Daher also das Gewerkschaftsfoto... Sah eigentlich aus wie von gestern. Paulus kenn ich noch von der BZ. Da erzählte man sich immer, dass ein anderer Fotograf gefragt hätte: "Liefert Nikon jetzt die Fotografen gleich mit?" Blöder Witz, cooler Typ.

Anke

Danke für das tolle Schaf!

KvK

Gern. Dank Dir für die Hefte!

T. Schaf

?

KvK

* Prust. *

 
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